30. Oktober 2025 / Aus aller Welt

Nach Hurrikan «Melissa»: Karibikstaaten beseitigen Trümmer

Retter auf Jamaika schlagen sich mit Macheten einen Weg, um Hilfstransporte zu ermöglichen. Kuba kämpft mit Überschwemmungen, Haiti zählt Tote: Nach Hurrikan «Melissa» beginnt das große Aufräumen.

Arbeiter räumen umgestürzte Bäume und Trümmer beiseite.

Nach dem zerstörerischen Kurs durch mehrere Staaten der Karibik befindet sich Hurrikan «Melissa» vorerst wieder über dem offenen Meer. Auf den Bahamas, über die der Sturm zuletzt gefegt war, wurde eine Hurrikan-Warnung am frühen Donnerstagmorgen (Ortszeit) aufgehoben. Für eine Entwarnung ist es aber noch zu früh: «Melissa» nimmt - nun wieder leicht verstärkt als Hurrikan der Stufe 2 von 5 - Kurs auf die Inselgruppe Bermuda im Nordatlantik. Auf Jamaika sind die Flughäfen für Hilfsflüge wieder in Betrieb.

In den Karibikstaaten, wo der Sturm in den vergangenen Tagen eine Spur der Verwüstung und nach vorläufigen Behördenangaben bereits rund 40 Tote hinterlassen hat, beginnen indessen die Aufräumarbeiten. 

Auf Jamaika werden Straßen freigeräumt

Besonders schwer betroffen ist Jamaika, wo der Sturm am Dienstag als Hurrikan der höchsten Kategorie 5 auf Land getroffen war. Mindestens neun Menschen kamen ums Leben - sechs durch den Sturm selbst und drei bereits bei den Vorbereitungen auf den Hurrikan, wie örtliche Medien unter Berufung auf die Polizei berichteten.

Rettungskräfte versuchen in dem Land mit 2,8 Millionen Einwohnern, mehr als 130 durch umgestürzte Bäume blockierte Straßen zu Fuß und teilweise mit Macheten zu räumen. «Im Moment geht es darum, die Menschen mit Lebensmitteln zu versorgen und möglichen Verletzten zu helfen», sagte Bildungs- und Informationsministerin Dana Morris Dixon. Auch die bei Touristen beliebte Holland Bamboo Avenue im Bezirk St. Elizabeth ist durch umgestürzte Bambusrohre versperrt. 

Bilder und Videos aus den betroffenen Gebieten zeigten zerstörte Häuser, überschwemmte Straßen und umgestürzte Bäume. Krankenhäuser, Schulen, Kirchen und Brücken wurden vielerorts beschädigt. In der Stadt Black River an der Südwestküste des Landes trugen nach Angaben der örtlichen Behörden mehr als 90 Prozent der Häuser Schäden davon. Einige historische Gebäude wurden demnach komplett zerstört.

Schäden in Milliardenhöhe erwartet

Am Mittwoch öffnete der internationale Flughafen in der Hauptstadt Kingston nach Angaben von Transportminister Daryl Vaz für erste Hilfsflüge. Der größte Flughafen des Landes, der Sangster International Airport in Montego Bay, wurde zwar auch beschädigt, konnte am Donnerstag aber ebenfalls öffnen. Auch der Fleming International Airport in St. Mary ist für Hilfsflüge wieder in Betrieb. Für Donnerstag waren laut dem Minister 13 Flüge erwartet. 

Nach Angaben der jamaikanischen Regierung befanden sich etwa 25.000 Touristen auf der Insel. Auch eine hohe zweistellige Zahl von Deutschen sei darunter, hieß es aus dem Auswärtigen Amt. Reiseveranstalter Dertour teilte mit, dass sich derzeit eine zweistellige Zahl seiner Kunden auf Jamaika und eine dreistellige Zahl auf Kuba aufhielten. Alle Gäste seien wohlauf und in Hotels untergebracht, die nicht evakuiert werden mussten. Da einige Urlauber ihren Rückflug nicht antreten konnten, habe Dertour ihre Aufenthalte auf eigene Kosten verlängert und die Rückflüge auf den 1. November umgebucht. 

Nach ersten Schätzungen des privaten US-Wetterdienstes AccuWeather, der auch die Auswirkungen von Unwettern bemisst, könnten der Gesamtschaden und die wirtschaftlichen Verluste durch den Sturm bei 48 bis 52 Milliarden US-Dollar (etwa 41 bis 45 Milliarden Euro) liegen.

Viele Gebiete auf Kuba noch von der Außenwelt abgeschnitten

Nach Jamaika zog der Hurrikan etwas abgeschwächt weiter nach Kuba. Auch dort richtete der Wirbelsturm schwere Verwüstungen an. Besonders betroffen war der Osten des Landes. Viele Kaffee- und Bananenplantagen wurden zerstört. Das Schlimmste waren nach Angaben von Präsident Miguel Díaz-Canel die Überschwemmungen. Trotz des Ausmaßes der Schäden seien bisher keine Todesopfer zu beklagen. «Wir sind am Leben», sagte Díaz-Canel. «Unser Sieg ist das Leben».

Wie örtliche Medien berichteten, waren viele ländliche Gebiete aber aufgrund blockierter oder überschwemmter Straßen noch von der Außenwelt abgeschnitten. Nach Angaben von Kommunikationsministerin Mayra Arevich Marín beschädigte der Sturm Glasfaserkabel und Stromleitungen, wodurch auch Telefon- und Mobilfunknetze in weiten Teilen ausgefallen seien.

Viele Tote bei Überschwemmungen in Haiti

In Haiti kamen mindestens 30 Menschen ums Leben, wie die «Gazette Haiti» unter Berufung auf den Zivilschutz berichtete. Allein in der haitianischen Gemeinde Petit Goâve starben rund 20 Menschen, als ein Fluss aufgrund der anhaltenden Regenfälle im Westen des Landes über die Ufer trat. Wie der Leiter des Zivilschutzes, Emmanuel Pierre, örtlichen Medien sagte, werden mindestens 18 weitere Menschen vermisst. Die Hälfte der Todesopfer seien Kinder. Häuser, Autos und Vieh seien von den Wassermassen mitgerissen und Felder zerstört worden, meldete die Zeitung «Le Nouvelliste» unter Berufung auf Augenzeugen. In der Dominikanischen Republik kam eine Person in Zusammenhang mit dem Sturm ums Leben.

Klimaforscher: Hurrikans wie «Melissa» werden wahrscheinlicher

Einer Analyse von Klimaforschern zufolge hat die Erderwärmung die Wahrscheinlichkeit für einen zerstörerischen Hurrikan wie «Melissa» um etwa das Vierfache erhöht. Eine Forschungsgruppe am Imperial College London berechnete, dass der Klimawandel einen Sturm dieser Stärke nicht nur rund viermal wahrscheinlicher gemacht, sondern auch seine Windgeschwindigkeit um etwa sieben Prozent erhöht hat.

Die Forschenden modellierten anhand von Klimadaten, dass ein Hurrikan wie «Melissa» in einem Szenario ohne Erderwärmung nur etwa alle 8.000 Jahre auf Jamaika getroffen wäre. Heute, auf einer bereits um etwa 1,3 Grad erwärmten Erde, sei ein solches Ereignis etwa alle 1.700 Jahre zu erwarten. «Der menschengemachte Klimawandel hat Hurrikan Melissa eindeutig stärker und zerstörerischer gemacht», sagte Institutsdirektor Ralf Toumi einer Mitteilung zufolge.


Bildnachweis: © Matias Delacroix/AP/dpa
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